Messeknigge

WIK-Messeknigge. Richtige Vorbereitung ist alles! Hier die ultimative Checkliste für einen Messebesuch von Prof. Dr. rer. soc. Guido Tolksdorf.
WIK-Messeknigge. Richtige Vorbereitung ist alles! Hier die ultimative Checkliste für einen Messebesuch von Prof. Dr. rer. soc. Guido Tolksdorf.

Messeknigge Messen werden für interaktive Begegnungen inszeniert. Das gilt auch für die Messen der Wirtschafts- und Industriekontakte WIK. Allerdings steht dort nicht das Werben für und das Abschließen von Geschäften im Zentrum, sondern die Verständigung zwischen Unternehmen einerseits und Studierenden andererseits. Im Fokus stehen allgemein gesprochen zwei Fragen:

  1. Was erwarten Wirtschaftsorganisationen und welche Chancen bieten Unternehmen für Praktika, Projekte, Abschlussarbeiten oder einen Berufseinstieg?
  2. Was bieten und erwarten Studierende hinsichtlich der betrieblichen Anforderungen und Möglichkeiten?

Im Prozess der Verständigung entsteht eine wechselseitige Sozialbeziehung. Fasst man nur Prospekte ab oder die gebotenen Streuartikel, dann kommt auf der Messe keine Ziel führende Verständigung zustande. Eine zentrale Chance wird verschenkt.

Was sollte man beachten, damit der eigene Messebesuch ein Erfolg werden kann?

Ein professioneller Messebesuch beginnt nicht mit dem Betreten der Hallen („mal sehen, was so geboten wird“), sondern mit ein wenig Vorbereitung. Den Besuch der Firmenkontaktmesse könnte man sich vorab idealtypisch in verschiedenen Phasen durch den Kopf gehen lassen. Dazu gibt es hier ein paar Orientierungen.

1. Vorbereitung 

1.1 Was interessiert mich an der Messe? Welches Unternehmen? Welche Infos wären vorab hilfreich, wenn ich mit FirmenvertreterInnen ins Gespräch komme? Welche Kanäle kann ich für meine Vorbereitung aktivieren?

ad 1.1) Wenn mich ein Unternehmen besonders interessiert, sollte ich ein paar Fakten über das Internet und/oder über direkte Anfragen beim Unternehmen besorgen:

  1. Branchenzugehörigkeit,
  2. Unternehmensleistungen (Produkte, Dienstleistungen),
  3. Standorte,
  4. Umsatz der letzten Jahre,
  5. Beschäftigtenzahl,
  6. Geschäftserfolge,
  7. Relevante Märkte,
  8. Geschichte und Entwicklungsperspektive,
  9. Unternehmensphilosophie,
  10. … Evtl. Fremdbeurteilungen über das Unternehmens, z. B. in Medien.

1.2 Was sind meine Stärken, die für die präferierten Unternehmen attraktiv sein könnten? Wie bringe ich meine individuelle Vermarktung in der Situation an?

ad 1.2) Von qualifizierten Kräften wird in der Regel erwartet, dass sie ihr Stärken-/ Schwächenprofil kennen. Solch ein Personalprofil kann man entlang folgender Kriterien erstellen:

  1. Kompetenzen (Wissen, Können, Fertigkeiten): a) fachliche, b) methodische, c) soziale.
  2. Motivation (eigener Antrieb), z. B. für bestimmte Aufgaben, Unternehmen, Projekte; für eine bestimmte angestrebte Entwicklung…
  3. Persönlichkeitsmerkmale, z. B. aufgeschlossen/verschlossen, innovativ/bewahrend, zuverlässig/unzuverlässig, ausdauernd/wenig ausdauernd, lernfähig/weniger lernfähig, …
  4. Besondere Erfahrungen, z. B. mit einem Praktikum, in relevanten Ehrenämtern, im Ausland, …

Das eigene Profil kann man außer im Gespräch auf verschiedene Weisen an das Unternehmen herantragen, z. B. durch die Übergabe eines tabellarischen Lebenslaufes oder eine Kurzbewerbung (Anschreiben, Lebenslauf mit Lichtbild) oder eine vollständige Bewerbung (Anschreiben, Lebenslauf mit Lichtbild, die letzten (zwei) Zeugnisse).

1.3 Wie inszeniere ich meinen Auftritt?

ad 1.3) Den ersten Eindruck macht oder gewinnt man nur einmal! Er präjudiziert die weiteren Interaktionen und wird durch a) nonverbale Elemente sowie die b) die Stimme dominiert:

  • Angemessene Kleidung, z. B. als studentische BesucherInnen im ordentlichen und gepflegten Business-Casual Outfit, für ein Vorstellungsgespräch in geschäftsmäßiger Business-Kleidung. Keine besonders auffälligen (max. 5) Accessoires oder Make-up.
  • Freundlicher, interessierter Blickkontakt; nicht aggressiv oder gelangweilt. Selbstsicherer Auftritt (Haltung, Mimik, Gesten, Redeweise): Positive Resonanz beim Gegenüber kann man durch Selbstsicherheit in der Begegnung bewirken. Was ist damit gemeint?

Zunächst sollte man zeigen, dass man die Situation erkennt und angemessen damit umgehen kann, d. h. in sozialer und inhaltlicher Hinsicht. Freundliches, entschlossenes sowie für Infos und Rückmeldungen offenes Agieren wirkt normalerweise kommunikations-fördernd. Bei Sachthemen zeigen, dass man weiß, worüber man spricht. Die angemessene Fach- und Methodenkompetenz beispielsweise gibt man nicht dadurch zu erkennen, dass man „alles weiß“, sondern vor allem dadurch, dass man anschlussfähig ist, also auch selbst nachfragen kann.

In Zweifelsfällen können die eingangs gestellten Fragen, was man wechselseitig erwartet und bietet, hinreichend Orientierung gewähren. Die Vorbereitung alleine oder gar in einem kleinen Team könnte eine kostbare Stütze für gelungenen Auftritt sein; und das nicht ausschließlich auf Messen, sondern auch in anderen geschäftlichen Begegnungen.

2. WIK-Messebesuch

2.1 Ein erster Rundgang kann einen Eindruck über die Präsentationen vermitteln, für eine wechselseitige Verständigung ist er aber nicht hinreichend.

2.2 Wie komme ich ins Gespräch? Suchen oder vereinbaren Sie einen ruhigen Moment zur Ansprache der Standpersonen. Eine Begrüßung nicht mit dem Tagesgruß verwechseln.

ad 2.2) Eine Begrüßung im Geschäftsleben umfasst mehr Elemente, als den Tagesgruß, z. B. guten Morgen. Sie soll der Kontaktaufnahme dienen.

Deshalb können Sie z. B. lächelnd und /oder mit einem leichten Kopfnicken auf die anzusprechende Person zugehen. Wenn von den StandvertreterInnen die Hand gereicht wird, sollte man das Angebot annehmen; nicht selbst die Handreichung anbieten. (Etikette)

Nach der Kontaktaufnahme stellt man sich kurz mit klarer Stimme vor: Name, Studiengang, Studienabschnitt und das Anliegen, z. B. Praktikum im zweiten Studienabschnitt. Die Rückmeldung aufnehmen und schon ist man im Gespräch.

2.3 Fragen sind in der Regel eine Einladung zur Kommunikation, deshalb sollte man gekonnt Fragen stellen.

ad 2.3) Nicht nur allgemeines, sondern gezielt konkretes Interesse ansprechen. Auch an den Ständen, an denen nicht ersichtlich ist, ob es ein Angebot für den eigenen Studiengang gibt, nachfragen. Nicht selten werden Chancen vertan, wenn man z. B. unterstellt, Technik dominierte Unternehmen hätten ausschließlich Interessen an Studierenden technischer Fächer, oder Handelsunternehmen oder Banken ausschließlich an Ökonomie. Sinnvoller ist, die Sachlage zu erkunden. Daran denken, dass man die gebotenen Infos der Gegenüber aufnimmt und sich auch ggf. merkt. Zu einem erfolgreichen Gespräch gehört generell, die Unklarheiten nicht zu übergehen, sondern zu klären, z. B. das bestimmte Bewerbungsverfahren.

2.4 Gesprächsergebnisse am Ende mit den Gesprächspartnern zusammenfassen und vom Gegenüber bestätigen lassen. „Habe ich Sie richtig verstanden, …?" Das dient der Kontrolle der eigenen Aufnahme. Am Ende sich für das Gespräch bedanken und verabschieden.

3. Reflexion nach dem Messebesuch

Das überlegte Nachbereiten kann den Gewinn, den man aus einem WIK-Messebesuch zieht, erheblich erhöhen.

3.1 Was waren meine Erwartungen und was wurde auf der Messe geboten? (Infos, Fakten, Kontaktadressen) Wichtige Daten dokumentieren, damit man darüber verfügen kann.

3.2 Habe ich so agiert, wie ich es mir vorgenommen hatte? Wie sehe ich die Unternehmen im Vergleich? Was habe ich erfolgreich gemacht, was könnte ich zukünftig verbessern?

3.3 Welche Anregungen habe ich gewonnen und wo sollte ich nachfassen?

3.4 Wie bewerte ich den Veranstaltungstag unter a) sachlichen, b) pragmatischen, c) sozialen und d) gefühlsmäßigen Aspekten? Möchte ich zum Gelingen der nächsten Wirtschafts- und Industriekontakte beitragen?

Mittels Messebesuch sind die Lernchancen andere als in einer herkömmlichen Lehrveranstaltung: vielschichtiger, sehr konkret, selbstorganisiert, also eine gute Ergänzung zum Alltag an der Hochschule!